Ein (fast) geheimer Trick von Textern und Werbern ist das Swipe File: Das ist eine Text-, Idee- und Gedankensammlung, die dir im rechten Moment das berufliche Glück bringen kann. Das klingt übertrieben? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Hier die Erklärung und einige Tools, mit denen du dein Swipe File baust.
Du kennst diesen quälenden Gedanken, dass du mal was gelesen hast, das genau jetzt die richtige Inspiration wäre. Wie, wenn du das schnell finden könntest? Und was, wenn du dich jederzeit deine besten Headlines auf der Suche nach der nächsten Idee durchblättern könntest? Überhaupt: Wir sehen im Laufe unserer Tage viele tolle Ideen – und vergessen sie schnell wieder.
Das wird sich mit einem Swipe File nicht sofort ändern – aber mit der Zeit.
Was ist denn ein Swipe File?
Ein Swipe File (to swipe = wischen / stibitzen) ist eine Datei oder eine Mappe, in der du alle Texte, Ideen und Gedanken sammelst, die dir im Laufe des Tages auffallen und gefallen. Das können Überschriften, Textstellen oder Fotos sein. Hauptsache, sie inspirieren dich und du würdest sie dir gerne merken.
So einfach ist der Gedanke dahinter. Man könnte es auch Kreativ-Schatzkästchen nennen. Es heißt aber Swipe File.
Wir alle lesen und schauen über den Tag verteilt kiloweise Texte und Slogans. Die meisten sind langweilig und wiederkehrend – andere inspirieren uns. Um diese geht es. Damit wir diese in den nächsten paar Tagen nicht wieder vergessen sollten wir sie an einem Ort speichern, in dem wir jederzeit herumstöbern können.
Ein Swipe File ist also DER EINE Ort, an dem du diese stibitzten Gedanken und Texte sammelst, um sie dann im richtigen Moment zu durchsuchen. Hier einige Beispiele:
- schlaue, lustige oder genial formulierte Überschriften
- inspirierende Tweets oder Facebook-Postings
- Textstellen in Büchern
- schlaue oder witzige Bemerkungen in Präsentationen
- intelligente Werbebotschaften
- andere Slogans, Fehler oder sprachliche Einfälle
Das können Texte, Kopien von Inhalten oder Fotos von Print-Produkten sein. In der Vergangenheit, und so wurde der Begriff Swipe File geprägt, waren das vor allem Inhalte, die Autoren oder Werbetexter irgendwo gefunden, ausgeschnitten und in ein Heft geklebt oder in eine Kiste geworfen haben. Falls sie dann auf der Suche nach einer Inspiration waren, haben sie sich durch diese Ideen „getindert“.
Soweit die Texter-Version von Swipe Files. Es gibt in der Werbebranche eine interessante Variation davon: Dabei werden beispielhaft gute Überschriften oder Überschrift-Templates gesammelt und anderen vorgestellt. Da sind solche Beiträge oder Listen wie diesem, in dem ich 7 bewährte Headline Templates vorstelle:
- 1. Mache es dem Leser nicht zu leicht
- 2. Sage viel – aber nicht alles
- 3. Verwende starke (Reiz-)Wörter
- 4. Nutze psychologische Grundgesetze
- 5. Du darfst abschreiben
- 6. Templates die sich bewährt haben
- 7. Überschrift-Typen die garantiert nicht funktionieren
Die Idee dahinter ist: Wenn dir partout keine gute Überschrift einfallen will, dann suche auf Google danach und blättere in solchen Beiträgen herum. Dann wird dir sicherlich was einfallen.
Natürlich kannst du dich mit einen Swipe File auch an Filme erinnern, die du noch schauen willst, oder an Rezepte, die du noch kochen willst. Oder wie wäre es mit einem Swipe File für tolle Twittersprüche?
Die besten Tools für dein Swipe File
Ein Gedanke vorab: Es wäre naheliegend, alle Gedanken an genau einem Ort zu speichern. Das habe ich versucht –und bin gescheitert. Das liegt vermutlich an mir. Oder an der Vielfältigkeit von digitalen Gedanken die zu sammeln, es sich lohnt. Deshalb hier eine Liste von Tools, in denen Swipe Files entstehen und wachsen können. Bediene dich dieser Liste, versuche auch mehrere aus. Vielleicht Milanote für tolle Bilder von Headlines und Airtable für dein Filmarchiv.
1. Die Alles-Drin Box: Evernote
Die Überall-Immer-Alles-Sammelbox Evernote gehört ja ohnehin in meine kreative Werkzeugkiste. Falls du dir jetzt erst einen Evernote-Account holst, kannst du gleich einige Notes für Swipe Files anlegen. Der Vorteil dieser Plattform sind die Zusatztools: Mit einem Webclipper kannst du auch den Inhalt von Webseiten speichern, auf meinem iPhone habe ich Scannable, mit dem ich alles einscannen kann. Also alles drin in Evernote.
Warum das also nicht mein einziger Tipp ist? Weil Evernote mittlerweile so umfangreich ist, dass ich dazu übergehe, nicht mehr alles dort hineinzustecken. Und im Vergleich zu einigen anderen Tools fehlen ganz einfache Funktionen für die Sortierung und Darstellung. Aber: Mit Evernote machst du sicher nichts falsch.
2. Schnell und übersichtlich: Notizen / Notes / Keep
Die Notizfunktion meines Mac ist mittlerweile so mächtig und richtig schnell, dass ich mich selbst dabei erwische, wie ich immer mehr darin speichere. Und es geht so einfach, auch beim Laufen eben mal einen Gedanken per Sprachnotiz darin zu hinterlassen. Kurz hatte ich sogar schon überlegt, Evernote durch diese Notizen zu ersetzen. Doch dann ist noch mehr in Apples Händen…
Ich schätze, die Microsoft-Notizfunktion ist ähnlich ausgereift. Und auch mit Google Keep kannst du schnell und problemlos Notizen anlegen, erweitern und wiederfinden. Und viel mehr brauchst du für ein Swipe File nicht.
3. Toller Eingang, schöne Sortierung: Milanote
Sehr schick und schon alleine deshalb mein Swipe File für einige Themen (z.B. für Themen rund um Kreativität und Schreiben sowie für Ätherische Öle) ist Milanote. Zwar ist das wieder ein Abomodell und man weiß nicht, was in einigen Jahren daraus wird. Aber die Oberfläche ist absolut intuitiv und die die Möglichkeiten der Darstellung sind genauso eingeschränkt, dass es immer gut aussieht 😉
Besonders gut gefallen mir zwei Punkte:
- Im Handy lassen sich alle denkbaren Gedanken und Files als „Notes“ aus dem iPhone an Milanote schicken – und später aufräumen. Das ist für mich schon zur Routine geworden.
- Die Darstellung auf dem Mobilefone ist wirklich erstklassig.
4. Die Web-Variante: Pocket
In Pocket kannst du auch alle denkbaren File-Arten wie URLs, Bilder, Videos, Texte speichern und wiederfinden. Pocket organisiert diese sinnvoll mit Tags und es gibt auch hübsche Browser-Extensions, um diese zu speichern. Mir missfällt allerdings, dass diese App über URLs funktioniert. Wohin also eine tolle Überschrift, die ich im Schaufenster eines Ladens sehe?
5. Für Nerds: Google Docs / Tabellen
Google Docs, und darin vermutlich die Tabellen, ist für mich ein bisschen das „trockene Brot“ unter den Swipe Files. Wobei du da wirklich alle Möglichkeiten hast: intuitive Bedienung, viele Apps auf allen Systemen, perfekte Synchronisation – um nur einige zu nennen.
Während ich das schreibe, geht mir das Microsoft Office-Paket durch den Kopf, das all das auch kann. Das habe ich hier gar nicht drin. Nun: Wer gerne damit oder Google Docs arbeitet, kann dort auch sein Swipe File anlegen. Warum nicht?
6. Cool & öffentlich: Pinterest / Instagram
Ziemlich lässig finde ich einige Beispiele von Ideen, Texten, Headlines die auf Pinterest oder Instagram gesammelt werden. Da ist natürlich was dran: Wenn du mit deinem Account einfach gute Ideen oder Headlines „postest“ ist es sogar völlig egal, ob du Freunde oder Follower hast. Da ich als weitgehender Social Media Dummie nicht ständig darauf unterwegs bin, scheidet das für mich aus. Aber vielleicht für dich?
7. Ungewöhnlich, aber einfach: Trello
Ich habe Trello schon als schlaues Tool für kreative Köpfe vorgestellt. Denn da hast du in wenigen Minuten einen Account, der gut aussieht und kannst darin alles sammeln und organisieren. Es muss ja nicht immer gleich ein Kanban sein 😉
Das Großartige an Trello ist seine ausgereifte Oberfläche: Du kannst alle Karten einfach und schnell verschieben und sie mit Tags und Farbcodes organisieren. Und natürlich in Spalten. Ich habe es noch nicht als Swipe File ausprobiert – aber finde die Idee reizvoll.
8. Die echt umfassende Version: Airtable
Reden wir über richtige Datenbanen. Darunter ist Airtable eine recht einfach zu bedienende Variante. Damit kannst du auch deine Lieblingsfilme, Schallplatte aber auch Headlines und kreative Ideen sammeln. Damit kannst du alles in jeder nur beliebigen Detailverliebtheit sammeln und wiederfinden.
Ich hätte gerne in der Vorbereitung zu diesem Artikel genau das einmal ausprobiert. Habe das Vorhaben aber auf die Zeit verschoben, wenn ich mehr Freizeit und Ruhe dafür habe. Und wer weiß schon, wann ich in Rente gehe…
9. Klassisch: dein Notizbuch
Diese Bemerkung darf hier nicht fehlen: Selbstverständlich kannst du dein Swipe File auch in deinem Notizbuch aus Papier erstellen. Und die viele Zeit und Liebe, die du dort hineinsteckst, wird bei der Beschäftigung mit all den tollen Headlines und kreativen Ideen sogar helfen.
Andererseits: siehe „Airtable“ 🙂
Und nun?
Der schnellste Einstieg ist vermutlich über das Notiz-Programm deines Betriebssystems. Und die größte Herausforderung beim Anlegen eines Swipe Files ist sicherlich nicht das Finden der richtigen technischen Lösung. Die größte Herausforderung dabei ist der Impuls, beim Lesen einer tollen Überschrift, diese irgendwo speichern zu wollen und das auch zu tun.
Und das ist dann wieder die Gewohnheit. Also fang an und bleibe dabei.
Ich bin Paul Jonas, Autor des Buches „Schreib. Dein. Buch“ und unübersehbar ein Pseudonym. Hier darf ich über meinen Job, das Schreiben und die Kreativität schreiben. Hier findest du mehr über mich.
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