Das Führen eines Bullet Journal ist mehr eine „Haltung“ als ein Tagebuch. Die Idee dazu kommt von Ryder Carroll – doch er macht keine Vorschriften oder stellt detaillierte Regeln auf. Er liefert lediglich einen Werkzeugkasten zur Organisation des persönlichen Lebens. Nicht mehr – aber auch nicht weniger
Nach vielen verschiedenen Tagebüchern, bin ich bei einem Bullet Journal gelandet. Diese geniale Methode hilft dabei, nicht nur seine täglichen Aufzeichnungen zu organisieren – sondern das ganze Leben. Und hier erkläre ich, wie das geht.
Was ist ein Bullet Journal?
Das Bullet Journal ist im Grunde ein Tagebuch oder ein Journal mit erweitertem Umfang: Durch eine clevere Organisation der handgeschriebenen Einträge bleibt es über den jeweiligen Tag hinaus hilfreich. Dadurch wird das Bullet Journal zu einem organisatorischen und emotionalen persönlichen Archiv.
Das ist die Geschichte: Ryder Carroll hatte in der Schulde so etwas wie ADHS und konnte sich nur schwer konzentrieren. Wie viele ADHS-Jugendliche war er allerdings auch schlau und entwickelte eine Methode, seine Gedanken, seine Aufgaben und die Entscheidungen zu organisieren. So konnte er im Schulsystem bestehen.
Danach hat er diese selbst entwickelte „Bullet Journal Methode“ der Welt geschenkt und in seinem Buch ausführlich beschrieben. Wer es also genau wissen will, kann das Buch kaufen und ihm damit auch „Danke“ sagen. Ich muss zugeben, dass ich das Buch weitgehend überblättert habe, weil es sehr amerikanisch ist und viel Lesezeit durch Stories und unnötige Überzeugungsarbeit verdaddelt wird. Mir hätte ein einfaches HowTo genügt. Aber so sind die Amerikaner nun mal nicht.
Wieso wirkt die Bullet Journal Methode?
Bevor ich in die Praxis einsteige, hier meine Gedanken dazu, warum sie Methode so gut funktioniert:
- Ein Bullet Journal bringt dich „offline“. So, wie ich das Schreiben mit Stift und Papier für wichtig erachte, ist es eine gewinnbringende Idee, die tiefe Organisation des Lebens von Hand zu schreiben. Natürlich habe ich meinen Kalender nur noch digital und selbstverständlich ist mein E-Mail-Postfach so etwas wie meine To-Do-Liste. Wenn ich aber nach Orientierung suche, erledige ich das mit einem Stift in der Hand. Vielleicht gerade, weil mein Leben ansonsten digital verläuft.
- Das Bullet Journal ist eine geniale Möglichkeit, bleibende Gedanken zu behalten und mit den flüchtigen Terminen, den Gefühlen und Gedanken, die im Laufe eines Tages für uns wichtig sind, zu verbinden. Wenn du es richtig machst, wirst du immer wieder gezwungen, es immer wieder in die Hand zu nehmen. Endlich mal ein gewinnbringender Zwang 🙂
- Ein wichtiger Bestandteil meines Bullet Journals ist die Rückschau geworden: Beim Zurückblättern der vergangenen Tage kann ich mich an Gedanken und Erfahrungen erinnern, die ansonsten verloren wären. Und das sind manchmal die besten.
Wie funktioniert die Bullet Journal Methode?
Hier die – einfach formulierten – Bausteine, die ein Bullet Journal enthält. Wie du genau damit anfängst, beschreibe ich weiter unten. Zuerst aber die „Formalien“:
- Der Index: Auf den ersten zwei oder vier Doppelseiten legst du einen Index für deine „besonderen“ Gedanken und Aufschriebe an. Also Listen, die du weiterführen möchtest. Oder geniale Gedankenblitze, die unbedingt aufgeschrieben werden müssen. Der Trick im Bullet Journal ist ganz einfach: Du nummerierst, alle Seiten von Hand durch. Und wenn dir etwas für die Zukunft wichtig erscheint, dann trägst du dessen Seitenzahl in den Index ein. Klingt einfach, aber braucht Disziplin.
- Future Log: Es gibt langfristige Termine. Und die trägst du in diesen Future Log ein. Na gut, das mache ich dann doch lieber digital in meinem Kalender.
- Die Monatsübersicht (oder, bei mir die Wochenübersicht): Jetzt wird es konkreter. Hier trägst du pro Tag ein, was du vorhast. Du beschäftigst dich also mit der „sichtbaren“ Zukunft und planst diese. Im Gegensatz zur üblichen Methode mache ich Wochenübersichten – da so viel bei mir los ist. Am Sonntag nehme ich mir 20 bis 30 Minuten Zeit, um die kommende Woche zu planen. Und schon das fühlt sich gut an! Seitdem ist mein Montags-Blues fast verschwunden.
- Die Tagesübersicht: Nun wird es engmaschiger. Je nach Bedarf planst du nun deinen Tag am Vorabend und/oder im Laufe des Tages. Die Tagesansicht ist ein guter Grund, das Bullet-Journal hin und wieder zur Hand zu nehmen. Und auch nicht nur Termine einzutragen – sondern diese auch abzuhaken und gute Ideen oder Gedanken dazu aufzuschreiben. Denn wenn du wirklich dein Journal liebst und betreibst, wirst du hin und wieder auch mal rückwärts blättern und die letzten Tage durchschauen. Und du wirst überrascht sein, welche klugen Ideen dich dann wieder begrüßen und wie gut sich das anfühlt.
- Freie Themen: Ich nenne das mal so. Diese sind – meiner Meinung nach – das Glanzstück im Bullet Journal. Wenn ich etwa in einem Buch etwas besonders wichtiges lese, schreibe ich es hier auf. Und auch die Vorbereitung zu einem neuen Seminar mache ich darin. Ich schreibe, kritzle und notiere darin also ganz frei herum. Manchmal nehme ich mir auch ein paar Seiten, um automatisch zu schreiben. Und danach trage ich diese Sonderdinge in den Index mit Seitenzahl ein – damit ich sie wieder finde. Auf diese Weise sammelt sich darin all das Wissen, das ich nicht digital ablegen will.
Alle Einträge werden dann nach einer von Ryder Carroll entwickelten Methode markiert. Und du kannst und solltest dir auch deine eigenen Kennzeichnungen ausdenken. Die klassischen Kennzeichnungen sind etwa für „Task“, „Notiz“, „Event“ und so weiter. Ich verwende Markierungen für Sport und Meditation und habe mir auch einen Farbcode für Beruf und Freizeit überlegt. Irgendwie sind die Regeln für das Bullet Journal niemals fertig…
Das klingt alles ziemlich aufwendig und kompliziert. Ist es aber nicht. Es gibt allerdings einige Momente im Laufe der Tage und des Tages, an denen es gut ist, wenn dein Bullet Journal in der Nähe ist und du dich damit beschäftigst. Dazu im nächsten Kapitel.
Wie fange ich ein Bullet Journal an?
Ich habe mir schon das zweite Bullet Journal bei A Good Company gekauft. Das ist mit knapp 50 Euro eigentlich viel zu teuer, doch das gönne ich mir. Die Blätter bestehen aus Steinpapier, fühlen sich sensationell an, sind wasserfest und das Ganze ist klimaneutral. Ich liebe es einfach, mit einem schönen Stift auf tollem Papier zu schreiben.
ABER: STOP!
Wenn du mit einem Bullet Journal beginnst, empfehle ich dir ein beliebiges Din-A 5 Heft. Denn du wirst dich zunächst in die Mechanik der Methode einfinden müssen – und nach vielleicht einem Monat entscheiden, ob das etwas für dich ist. Dann fängst du am besten noch mal neu an – weil du dir erste jetzt die Regeln festgegt hast.
Lege Heft und Stift bereit und beginne so:
- Wenn in deinem Heft noch keine Markierungen für die Einträge stehen, dann zeichne diese auf die erste Seite
- Beginne auf der ersten Doppelseite mit einem Index – der vorerst leer ist
- Nun bist du schon auf Seite 6, wenn man den Umschlag mitrechnet. Nummeriere zunächst einige Seiten für die nächsten Tage durch
- Wenn du startest, plane erst einmal die nächste Woche. Trage die Termine ein und mach eine Liste der Tasks, die erledigt werden müssen. So mache ich das jedenfalls
- Dann beginne eine Tagesansicht, über die du das Datum und den Wochentag des nächsten Tages schreibst und überlege, was du da alles tun willst. Wichtig: Es geht hier nicht nur um deinen Job! Es geht um dein Leben
- Ab dem nächsten Morgen lässt du dein Bullet Journal nicht aus den Augen. Bald wird das zur Gewohnheit
- Ist die erste Woche vorbei, wird es Zeit, ein gedankliches Resümee zu ziehen. Gehe die letzten Tage durch, schau, was übrig geblieben ist und was du in die nächste Woche migrieren willst (oder musst).
- Dann plane wieder – zurück zu Punkt 4.
Wichtig: Halte dich an nichts! Mache es so, wie du es möchtest. Nur, wenn dein Bullet Journal zu deinem besten Freund wird, kann es dich von nun an täglich begleiten. Und nur dann wird es dir zum Teil deines Lebens.
Tracker und andere Erweiterungen
Da du dein Bullet Journal immer bei dir trägst, kann es dir übrigens noch viel mehr helfen, als „nur“ den Alltag zu organisieren. Wer gerne malt, wird das darin wieder häufiger tun. Wer Gedichte schreibt auch. Und wenn du mal jemandem etwas erklärst und dort hineinmalst, hast du dir diesen Gedanken auch für immer gesichert.
Sehr beliebt sind auch die „Tracker“: Etwa in einem Mood-Tracker notieren manche ihre aktuelle Stimmung mit entsprechender Farbe und sehen dann auf einen Blick, wie der Monat gelaufen ist. Ich notiere mir, wann ich Sport gemacht und meditiert habe. Das motiviert.
Wenn dir nicht einfällt, was du tracken könntest, ist Pinterest eine gute Quelle.
Gibt es Bullet Journal Apps?
Das könnte sein. Es gibt sogar eine offizielle als Begleiter für dein Papier-Journal. Mein Tipp aber: Bleibe einfach mal offline…
Was noch zu sagen bleibt
Probiere es. Oder klau dir ein paar Ideen aus der Bullet Journal Methode und genieße sie in deinem bisherhigen Tagebuch oder Journal.
Und alles, was ich jetzt noch nicht geschrieben habe, werde ich gerne ergänzen, wenn ich einen Hinweis darauf bekomme.
Der „Contentman“ hier und mein Newsletter dort sind meine Spielwiesen und digitale Chancen, meine Gedanken auszudrücken. Lange Jahre war ich Journalist – habe also vielleicht ein bisschen Tinte in meinem Blut. Mein Geld verdiene ich als Produktentwickler im Wort & Bild Verlag. .
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