Die Standard-Defintion: Was ist eigentlich „Kreativität“?

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Kreativität ist nicht nur neu – sondern auch nützlich. Das könnte überraschen – ist allerdings in der Psychologie schon seit vielen Jahren Teil der Standard-Defintion von Kreativität. Ebenso wie andere wichtige und teils überraschende Elemente.

Die Psychologen Mark A. Runco und Garrett J. Jaeger haben im „Creativity Research Journal“ einen Artikel mit dem Namen „Die Standard-Definition von Kreativität“ geschrieben. Und dabei haben sie interessante Gedanken ins Spiel gebracht, die uns bei der Entwicklung von kreativen Fähigkeiten helfen können.

Wer hat’s erfunden?

Morris I. Stein hat die Standarddefinition von Kreativität erstmals klar formuliert, und zwar in seinem Artikel „Kreativität und Kultur“ aus dem Jahr 1953. Stein definiert kreative Arbeit darin als etwas Neuartiges, das von einer Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt als vertretbar, nützlich oder zufriedenstellend akzeptiert wird.

Er betont dabei zwei wesentliche Kriterien:

  • Originalität/Neuheit: Das kreative Produkt darf zuvor nicht in exakt der gleichen Form existiert haben.1
  • Effektivität/Nützlichkeit: Das Produkt muss für eine Gruppe einen bestimmten Wert oder Nutzen haben.1

Stein hebt hervor, dass es bei der Beurteilung von Kreativität wichtig ist, zwischen persönlichen und historischen Bezugsrahmen zu unterscheiden. Und er betont die Bedeutung sozialer Beurteilung, da kreative Arbeit meist für eine bestimmte Gruppe nützlich sein soll.

Wieso muss Kreativität nützlich sein?

Der Grund dafür ist einfach: Nützlichkeit soll als ein zentrales Element der Kreativität sicherstellen, dass originelle Ideen und Produkte über ihren bloßen Neuheitswert hinausgehen und einen positiven Einfluss auf die Welt haben.

Welchen Wert hat aber ein Kunstwerk von Jeff Koons oder Gerhard Richter? Hierzu muss die Definition genau gelesen werden. Denn sie unterscheidet Nützlichkeit in drei mögliche Ausprägungen:

  • Nützlichkeit: Ein kreatives Produkt oder eine Idee sollte einen bestimmten Zweck erfüllen oder ein Problem lösen können.
  • Angemessenheit/Passform: Kreative Lösungen sollten zum Kontext passen und sich in bestehende Systeme oder Denkweisen einfügen können.
  • Wert: In der Wirtschaftsforschung wird Wert oft als Kriterium für Kreativität herangezogen, da originelle und wertvolle Produkte und Ideen vom Markt und seinen Mechanismen abhängig sind.

Einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt bildende Kunst also mindestens für den Kunstbetrieb. Aber sie bildet auch eine Sichtweise der gesellschaftlichen Strömungen – und ist daher von Wert. Im Gegensatz zu völlig zufälligen Wort- oder Farb-Zusammenstellungen, die nicht das Prädikat „Kreativ“ verdient haben.

Wir merken uns also: Kreativität verfolgt immer Ziel und wird auch in Nützlichkeit gemessen.

FAQ zur Standard-Definition von Kreativität

Wie unterscheiden sich Originalität und Kreativität?

Originalität ist ein Bestandteil der Kreativität, aber nicht gleichbedeutend mit ihr. Originalität bezieht sich auf die Neuheit einer Idee, während Kreativität auch die Nützlichkeit oder Angemessenheit der Idee im Kontext ihrer Verwendung oder ihres Zwecks berücksichtigt. Mit anderen Worten, Originalität ist notwendig, aber nicht ausreichend für Kreativität.

Welche Stufen durchläuft der kreative Prozess?

Graham Wallas (1926) beschrieb fünf klassische Stufen des kreativen Prozesses, an denen sich in der Literatur kaum etwas geändert hat:

  1. Vorbereitung: Die Person beschäftigt sich intensiv mit dem Problemfeld und sammelt relevantes Wissen.
  2. Inkubation: Das Problem wird vorübergehend beiseitegelegt, während im Unterbewusstsein weiterhin gearbeitet wird.
  3. Illumination (Erleuchtung): Es kommt zu einer plötzlichen Einsicht oder einem „Aha“-Moment, in dem sich eine Lösung zeigt.
  4. Bewertung: Die neue Idee wird kritisch bewertet und auf ihre Brauchbarkeit und Umsetzbarkeit überprüft.
  5. Ausarbeitung: Die Idee wird konkretisiert und zu einem fertigen Produkt weiterentwickelt.

Für unsere Zwecke haben wir noch zwei weitere Stufen hinzugenommen:

  • Definition von Zielen: Das erscheint uns für kreative Prozesse im Unternehmen als wichtige Vorbereitung.
  • Feedback: Auch dieses ist für eine wirtschaftliche Verwertung essenziell. Außerdem ist das ein wichtiges Element, von bisheriger kreativer Arbeit zu lernen.

F: Welchen Einfluss haben Persönlichkeitsmerkmale auf die Kreativität?

Studien zeigen, dass kreative Menschen häufig bestimmte Persönlichkeitsmerkmale teilen, wie z. B. Unabhängigkeit, Nonkonformismus, Offenheit für neue Erfahrungen, Risikobereitschaft und kognitive Flexibilität. Es gibt auch Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Kreativität und bestimmten psychopathologischen Merkmalen, wobei jedoch nicht alle Menschen mit diesen Merkmalen auch zwangsläufig kreativ sind.

Wie beeinflusst die Umgebung die Kreativität?

A: Eine kreativitätsförderliche Umgebung zeichnet sich durch Freiheit, Autonomie, Unterstützung, Offenheit für neue Ideen, konstruktive Kritik und die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Menschen aus. Wichtig ist auch der Zugang zu Ressourcen und Informationen, die die kreative Arbeit unterstützen.

Kann man Kreativität messen?

Die ehrliche Antwort ist: Nein.

Ausführlicher lässt sich das so sagen: Es gibt verschiedene Methoden, um Kreativität zu erfassen, die sich in sprachliche und sprachfreie Verfahren unterteilen lassen. Sprachliche Verfahren messen häufig divergentes Denken, indem sie z. B. nach möglichst vielen Verwendungsmöglichkeiten für einen Gegenstand fragen. Sprachfreie Verfahren können z. B. die Originalität von Zeichnungen oder die Kreativität von Problemlösungen bewerten.

Kann man Kreativität fördern?

A: Ja, es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Kreativität zu fördern, sowohl bei sich selbst als auch bei anderen. Dazu gehören: das Schaffen einer inspirierenden Umgebung, die Förderung von Neugier und Experimentierfreude, das Training von divergentem Denken, die Ermutigung zu eigenständigem Denken und Handeln, die Toleranz von Fehlern sowie die Wertschätzung von Originalität und kreativen Ideen.

Beeinflussen unterschiedliche Bewusstseinszustände die Kreativität?

Ja, es gibt Studien, die zeigen, dass bestimmte Bewusstseinszustände, wie der hypnagoge Zustand beim Einschlafen, die Kreativität und Problemlösefähigkeit fördern können. In diesem Zustand ist das Gehirn besonders offen für neue Assoziationen und kann so zu unerwarteten Einsichten gelangen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Zustände nicht bei jedem Menschen die gleiche Wirkung haben und es auch andere Faktoren gibt, die die Kreativität beeinflussen.

Die Quelle

http://richardcolby.net/writ2000/wp-content/uploads/2017/09/Runco-and-Jaeger-2012-standard-definition-of-creativity.pdf

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