Vielleicht wirst du morgen nicht gleich einen Roman schreiben können. Doch Kreativität ist gehört heute in jedes Leben. Hier findest du 33 kurze Übungen, mit denen du kreativ schreiben lernst. Garantiert!
Bemerkung: Wenn du nur genau eine Übung suchst, nimm den 5-Wörter-Text hier. Und diesen Artikel, wenn du die KI dafür nutzen willst, besser Schreiben zu lernen.
Bevor du startest
Eine Warnung: Das Problem bei einer solchen Masse an Übungen ist: Sie helfen nicht! Jedenfalls nicht, wenn man sie nur durchliest. Deshalb empfehle ich – vor allen anderen – eine Übung, mit der du nicht nur kreativer wirst, sondern auch mehr über dich lernst: das Automatische Schreiben. Aber vielleicht kennst du die schon. Deshalb hier eine lustige Liste mit reichlich Übungen, unter denen garantiert einige sind, die auch dir Spaß machen.
Und noch ein Hinweis (noch mal): Das ergibt nur Sinn, wenn du es auch tust! Vermutlich wirst du diese Seite nun durchscrollen und der einen oder anderen Übung denken, dass sie ganz lustig oder clever ist und du sie unbedingt mal machen solltest.
Wenn du eine Übung interessant findest: BITTE. TU. ES. Am besten sofort.
Es ist wie Zähneputzen: Wenn wir uns nicht regelmäßig darum kümmern, haben wir kaputte Zähne. Und falls du den Kreativität-Muskel nicht ständig trainierst…
Übrigens: „Kreativ schreiben“ ist nicht gleichbedeutend mit „gut schreiben“ oder mit gutem Schreibstil. Natürlich wird sich beim vielen Schreiben (und das wirst du tun, wenn du hier übst) auch dein Stil verfeinern. Aber das hat zunächst nichts mit Kreativität zu tun. Besuche doch mal diese Seite, wenn du einen guten Schreibstil üben willst.
1. Üben, üben üben (21-mal)
Man sagt ja, dass sich eine solche Gewohnheit nach etwa drei Wochen einstellt. Wenn du es also schaffst, 21 Tage am Stück täglich vielleicht zehn Minuten mit einer Schreibübung zu verbringen, bist du sicher.
Mein Tipp: Versuche, es immer zur gleichen Uhrzeit zu machen und erkläre das zu einer diskussionsfreien Zone. Es gibt KEINEN Grund, warum du nicht täglich diese zehn Minuten Zeit hast. KEIN Tagesablauf eines Menschen im 21. Jahrhundert gibt das nicht her. Denn du kannst auf Papier, auf deinem Handy oder auf deinem Computer schreiben. Völlig egal! Jede Ausrede ist pure Selbstverarschung!
2. Wie lautet die Geschichte der Nebendarsteller:innen?
Entwickle eine originelle Geschichte, die von einer Person handelt, die im Leben einer bekannten literarischen Figur auftaucht.
Also wie ist die Geschichte des Kutschers von Graf Dracula? Welche Ehe hat die Mutter von Tommy und Annika (Freunde von Pipi Langstrumpf) geführt? Oder was für Qualen hat der Stalljunge von Black Beauty erlebt?
Ich liebe die Idee, eine Geschichte aus ganz anderen Augen neu zu erzählen. Oder eine Geschichte zu erzählen, die nur lose mit einer literarischen Vorlage (die wir alle kennen) zusammenhängt. Wenn du wissen willst, wie so etwas aussehen kann, lies das Buch „James“ von Percival Everett. Es beruht auf einer Idee, die direkt aus einem Kreativ-Kurs stammen könnte. Protagonist James ist der schwarze Begleiter von Huckleberry Finn, den ihr vermutlich alle aus der Kindheit kennt. Die beiden flüchten nach Norden in Richtung Freiheit und geraten in zahlreiche Abenteuer.
3. Schreibe, wie du sprichst – nur besser
Viele Blogs und Texte ungeübter Autoren klingen gestelzt. Das ist kein Wunder: Denn diese Kollegen denken, dass Schriftsprache etwas Künstliches und Elaboriertes sei. Ist sie aber nicht. Eigentlich sollten wir so schreiben, wie wir sprechen. Nur eben besser: Wir verzichten beim Schreiben auf alle Ähs und Öhs, wir dürfen weniger redundant sein (müssen also nicht jede Information mehrfach wiederholen) und wir verlangen vom Leser etwas mehr Aufmerksamkeit.
Aber wieso sollte die Wortwahl anders sein? Warum sollten wir längst ausgenuckelte Formulierungen statt einer frischen Sprechsprache verwenden?
Probiere doch mal das: Nimm deine Gedanken per Handy auf und höre dir dann selbst ein wenig zu. Vielleicht findest du so deine Stimme und wird es etwas flüssiger.
4. Nimm Wörter weg. Nimm noch mehr Wörter weg
Reduziere einen Text auf das gerade noch verständliche Gerüst. Nimm so viele Wörter weg, bis der Sinn dahin schwindet. Vergiss alles, was du über Redundanz gelernt hast: streiche Wörter!
So brutal solltest du nicht mit Texten umgehen, die du veröffentlichen willst. Aber die Übung zählt. Denn wenn das Wort „allerdings“ in einem Text steht, kann es Sinn ergeben – tut es allerdings meist nicht. Deshalb hätte ich gerne eine Textverarbeitung, die mir solche Wörter markiert. Diese gibt es aber nicht – selbst die KI plappert mehr als nötig.
Mit dieser Übung trainierst du dich mental darauf, alle unnötigen Wörter bei einem Redigiervorgang noch einmal zu überprüfen. Denn es gilt: Kurze Sätze und kurze Wörter sind verständlicher als lange Sätze und lange Wörter. Diese lassen sich nicht immer vermeiden – sollten aber gezielt eingesetzt werden. Das, was du für den Lesefluss und den Rhythmus benötigst, kannst du danach wieder dazu bauen.
Also: Checke einige Texte vor der Veröffentlichung readikal auf unnötige Wörter. Und, oje, ich weiß: Du findest hier eine Menge davon – vielleicht ist es eine gute Übung, jetzt und hiermit damit anzufangen?
5. Zeigen, nicht beschreiben
Was ist der Unterschied zwischen „sein Artikel ist wirklich langweilig“ und „spätestens nach zwei Absätzen schlummern die Leser weg“? Der erste Satz erklärt, beschreibt die Wirkung eines Artikels, der zweite Satz zeigt, wie es den Lesern geht. Keine Frage: Der zweite Satz ist eindrücklicher und lesenswerter. Dafür gibt es eine Menge Gründe. Erstens ist ein gutes „Zeigen“ gehirngerechtes Mini-Storytelling, zweitens tauchen dabei meist Menschen auf (was Menschen immer mögen) und drittens wird damit die Nähe zur Zielgruppe gezeigt.
Wenn du etwas zeigst, ist das eher wie der Schuss aus einem Präzisionsgewehr statt aus einer Schrotflinte. Ein Schuss, der allerdings auch daneben gehen kann …
Deshalb, meine Empfehlung: Wo immer dir das konkrete Verständnis des Lesers am Herzen liegt, ringe um eine echt gute „Zeigen“-Formulierung. Überanstrenge dich aber nicht und lasse woanders ordentliche „Beschreibungen“ zu.
Und hier kommt die Zehn-Minuten-Übung dazu: Nimm dir einen Text von gestern oder einen Zeitungsartikel und dekliniere jede Beschreibung in eine „Zeigen“-Formulierung um.
6. Metaphern, Metaphern, Metaphern
Wo die Regel „zeigen, nicht beschreiben“ steht, ist der Ruf nach Metaphern nicht weit! Denn ein guter (!) Vergleich ist die Königsdisziplin des „Zeigens“. Ich weiß nicht, wie es dir mit meiner Metapher oben mit dem Schrot- und dem Präzisionsgewehr gegangen ist – aber in aller Regel kann ich damit den Unterschied zwischen Beschreiben und Zeigen relativ gut erläutern.
Doch zuerst das überhaupt nicht berühmte „Kubitzsche Metaphern-Gesetz“: „Wenn dir keine großartige Metapher einfällt, verwende KEINE Metapher!“ Also bitte:
- Keine ausgelatschten Metaphern („Nadel im Heuhaufen“)
- Keine schiefen Metaphern, („vor Wut in mein Apple-Notebook beißen“)
- Nur Metaphern, die die Zielgruppe verstehen kann (Vergleiche in der „Game of Thrones“-Welt machen eine breite Zielgruppe eigentlich nur ratlos.)
Am einfachsten trainierst du deine Metaphernfähigkeit mit Vergleichen: „Der Typ da sieht doch aus wie ein Kranich.“ „Diese Arbeit ist wie das Stochern im Ozean.“ Ein solcher „Vergleich“ ist etwas einfacher (aber auch weniger prägnant) als eine „Metapher“, die ja ohne das „wie“ auskommen muss. Aber wir wollen hier ja noch üben – den Meisterbrief erhältst du dann irgendwann durch die Übung 😉
Also, zur Übung: Vergleiche im Laufe des Tages die Menschen, die du triffst, mit Tieren. Und suche im Stadtbild oder bei einem Spaziergang nach Bildern, die sich hinter den Dingen verstecken.
7. Haiku trainieren
Wenn du erst einmal ein paar gute Haikus lesen möchtest, ist das vermutlich eine gute Quelle. Und hier meine knappe Definition eines Haikus:
- Das Haiku ist kurz. (ca. 10- 17 Silben)
- Das Haiku besteht häufig aus drei Zeilen.
- Das Haiku ist konkret und gegenwärtig, beschreibt die Gegenwart und steht im Präsens
- Das gelungene Haiku sagt nicht alles, löst einen Gedankenblitz aus.
- Das Haiku wertet nicht!
Ich werde nicht versuchen, die Geschichte und das Wesen von Haikus zu beschreiben. Das ist auch gar nicht notwendig. Ich bitte dich lediglich, einen Haiku zu – denken. Genau: 17 Silben sind kurz genug, um sie im Kopf hin und her zu schwingen. Mach es so: Nimm eine Haiku-Idee mit auf deinen Tag und formuliere daran immer dann herum, wenn du etwas Leerlauf hast. Am Ende schreibe ihn auf. Soweit die Kurzform dieser Übung.
Wenn du es etwas genauer wissen willst, habe ich dir aufgeschrieben, warum das Schreiben von Haikus so gut ist.
8. Schaue hin, schaue genauer hin
Das ist eine Listenübung: Wähle einen klar abgegrenzten Sichtbereich, etwa alles, was im Fenster zu sehen ist. Beginne nun, eine Liste all der Dinge zu schreiben, die du siehst. Schau hin, zähle auf. Wenn du glaubst, alles aufgezählt zu haben, schaue noch genauer hin. Schließe die Augen – und schau noch mal hin. Noch länger. Mindestens zehn Minuten. Das wird dir ziemlich lange erscheinen. Aber beobachte, wie sich deine Beobachtungsgabe in dieser Zeit verändert. Studiere danach noch einmal die Liste und genieße.
9. Eine Story in 3 oder 5 Wörtern
Ich liebe Redundanz und gehöre nicht zu denen, die alles in maximal 100 Wörtern sagen möchten. ABER: Das ist eine großartige Übung, eine ganze Story auf drei oder fünf Wörter zu reduzieren. Lass uns das mal versuchen. Den Film Forrest Gump könnte man mit fünf Wörtern vielleicht so beschreiben: „beschränkt, Zufälle, Laufen, wahre Liebe“. Fallen dir bessere Wörter ein? Vermutlich, dann arbeite daran. Du wirst merken, das ist gar nicht so einfach. Aber es hilft, die Essenz zu erkennen.
10. Was macht Pippi Langstrumpf eigentlich heute?
Das ist meine Lieblingsübung! Ich weiß, dass Automatisches Schreiben nützlicher und „5 Wörter, ein Text“ kreativer ist. Aber ich liebe es, das Steuer eines meiner Lieblingsbücher zu übernehmen. Die Idee dahinter: Wie geht das Leben nach dem Happy End (oder einem Drama) weiter? Wo und wie würde Pipi Langstrumpf heute leben? Hätte sie sich mit ihren mittlerweile 90 Jahren nach Taka-Tuka-Land zurückgezogen? Und gibt es dort nun auch Tourismus? Was wurde aus Annika und wann geht Tommy in Rente? Welchen Beruf hatte er? Ich denke, der Sinn und der Spaß dieser Übung leuchtet dir sofort ein. Ich hoffe es von Herzen!
Falls dir Pipi Langstrumpf nichts sagt: Was wurde aus deinen Lieblings-Protagonist:innen der Harry Potter Bücher? Oder welchen Berufsweg werden Bibi und Tina einschlagen?
11. Schreibe für einen Blinden
Wie möchtest du einem Menschen ohne Sehkraft das Zimmer beschreiben, in welchem du gerade bist? Nimm an, dass dieser Mensch schon blind zur Welt gekommen ist und du möchtest ihm einen Raum und seinen Inhalt „zeigen“. Du weißt, er hat einen stark ausgeprägten Tastsinn, er kann hervorragend riechen und hört natürlich überdurchschnittlich. Wenn es um Speisen und Getränke geht, kannst du den Geschmackssinn hinzunehmen. Beginne mit einem Möbelstück, versuche es mit dem Computer auf dem Tisch und arbeite dich dann durch das ganze Zimmer.
12. Automatisches Schreiben
Das ist eine der kraftvollsten Übungen – nicht nur, wenn es ums kreative Schreiben geht. Das Automatische Schreiben trainiert deine Achtsamkeit, verhilft dir zu einem tieferen Blick in dein Innerstes und schärft deinen Stil. Kurz zusammen gefasst ist die Anweisung diese: Nimm einen Stift und schreibe zehn Minuten lang auf, was dir im Kopf herumgeht.
Wenn du mehr darüber wissen willst, geht es hier lang.
Übrigens: Du kannst – nach etwas Übung – deine Gedanken im Automatischen Schreiben auch in eine kreative Richtung lenken. Wenn du etwa die nächste Übung erledigen willst, ist das Automatische Schreiben ein guter Einstieg.
13. Was macht Donald Trump gerade?
Wir lesen jeden Tag darüber, was Donald Trump wieder angestellt hat. Dann schütteln alle Kommentatoren digital ihre Köpfe und versuchen zu bewerten, welchen Schaden er damit wieder angerichtet hat.
Aber hast du dir schon einmal ganz konkret vorgestellt, wie Donald Trump auf dem Sofa sitzt und eine Textnachricht auf seinem Handy tippt? Wie redet der wohl mit den Security-Leuten? Wie reagiert er, wenn er die Texte der Kommentatoren liest? Auch eine interessante Perspektive: Was würdest du wohl erleben, wenn du als Zimmerservice in seinem Heimat-Ressort einen Job antreten würdest??
Das ist natürlich nicht nur auf Donald Trump begrenzt: Was macht Beyoncé nach einem Konzert vor 80.000 Menschen genau? Wie würde es sich anfühlen, mit Robert Habeck zu einem Auftritt nach Sachsen zu fahren – als Chauffeur? Du merkst schon: Es geht darum, die Menschen hinter den Ereignissen zu erspüren.
14. Slow Writing
Langsames Schreiben trainiert das Denken, die Kreativität und ist heilsam für die Seele. Die allerschnellste Art, Slow Writing zu üben, geht so:
Schreibe per Hand, was dir durch den Kopf geht. Schreibe Wort für Wort. Reflektiere, streiche, verbessere. Schreibe auf jeden Fall langsamer, als du es ertragen kannst.
Es gibt aber auch sehr strukturierte Übungen, die dem Slow Writing zugeordnet werden, mit denen die Sprache, der Stil und sogar die Achtsamkeit geschult werden können. Mehr darüber findest du hier.
15. 5 Wörter, ein Text
Suche dir hier fünf zufällige Wörter und schreibe in zehn Minuten einen Artikel (eine Story oder einen Fachartikel) in dem alle diese Wörter enthalten sind.
Das ist so ziemlich die älteste Übung, um kreatives Schreiben zu üben, die ich kenne. Und es is…

Der „Contentman“ hier und mein Newsletter dort sind meine Spielwiesen und digitale Chancen, meine Gedanken auszudrücken. Lange Jahre war ich Journalist – habe also vielleicht ein bisschen Tinte in meinem Blut. Mein Geld verdiene ich als Produktentwickler im Wort & Bild Verlag. .
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