Es lebe das „Journaling“! Ob „Klarheit Journal“, das „6-Minuten-Tagebuch“ oder eine eigene Mischung – selbst einfache Notizbücher kommen nun als „Journal“ daher. Doch es steckt mehr als nur ein Trend dahinter.
Was ist Journaling?
Vielleicht könnte man sagen, „Journaling“ ist der moderne Bruder des „Tagebuchs“: Statt wild in ein Heft zu schreiben, liegt bei mentalen Biohackern ein „Journal“ auf dem Schreibtisch. Manchmal ist dieses vorformatiert und ermöglicht schnelle Resultate mit überraschend wenig Aufwand. Etwa das „6-Minuten-Tagebuch“ oder „Klarheit“ sind Blockbuster auf Amazon geworden. Was ist dran?
Die Idee dahinter ist einfach – manchen Nutzer:innen sogar zu einfach: Wer so ein Journal führt, taucht ein oder mehrmals täglich mit Stift und Journal in seine Gedankenwelt ein und beantwortet damit seine Lebensfragen. Etwa nach den Erfolgen des Tages, oder nach dankenswerten oder nachdenkenswerten Ereignissen, die der Tag brachte. Und, hey: Die Herausgeber dieser Journale können sich dabei auf wissenschaftliche Ergebnisse stützen.
Nur ein Beispiel: In der Positiven Psychologie gibt es Forschungsergebnisse, die belegen, dass bei der schriftlichen Schulung von „Dankbarkeit“ die Stimmung besser und das Glücksgefühl größer wird. Wer also täglich die vorgefertigten Fragen in diesen „Journalen“ beantwortet, wird vielleicht schon nach zwei Wochen einen guten Effekt auf sein Wohlbefinden spüren. Wirklich wahr, das ist der aktuelle Stand der Wissenschaft.
Es geht in diesem Fall also um einen „mentalen Biohack“ – der funktioniert – vorausgesetzt, man setzt das tagtäglich um.
Aber hey, das hat auch seine Grenzen. Doch dazu später.
Wie funktioniert Journaling?
In einem täglichen Journal werden – mehr oder weniger strukturiert – positive Gefühle, Ziele und Affirmationen notiert. Das dient der Manifestierung der inneren Erfahrungen und unterstützt eine positive Motivation für die täglichen Herausforderungen. Einige der Journaling-Methoden helfen außerdem beim Organisieren des Tages und beim Erreichen von konkreten Zielen.
Die Journaling-Methoden
Bullet Journal
Die Bullet Journal Methode ist – streng genommen – kein Journaling, sondern dient vordergründig der Organisation des Lebens. Nicht weniger; vielleicht etwas mehr. Die Methode stammt von Ryder Carroll der damit seinen eigenen Werkzeukoffer von Organisations-Tools geöffnet und erklärt hat. Auf der Basis diese leicht zu lernenden Werkzeugkoffers entwickelst du in wenigen Wochen dein eigenes Bullet Journal – das seinen Namen natürlich von den „Bullet Points“ der Listen hat, in die du alles hinein schreibst. Ich habe das hier genauer erklärt.
Ich selbst habe ein Bullet Journal mehrere Jahre geführt. Mal disziplinierter, mal weniger. Es war mir immer dann, wenn es anstrengend und unübersichtlich wurde, eine echte Stütze im Alltag.
Warum ich damit aufgehört habe? Beim Schreiben flattere ich von Tool zu Tool – ich war also abgelenkt. Doch für einige Jahre es funktioniert.
5-Minuten-Journal
Das 5-Minuten-Journal ist die Inspirationsquelle (um das mal freundlich zu sagen) des bekannten 6-Minuten-Tagebuchs, das du im Buchhandel bekommst. Diese Journaling-Methode soll dich mit fünf Minuten am Tag glücklich machen. Das ist natürlich in der Zeitangabe unter- und vom Effekt übertrieben. Doch die Angaben sind nahe an der Realität. Das 5-Minuten Journal geht so:
Morgens beantwortest du zwei oder drei Fragen und am Abend zwei oder drei andere. Eine Auswahl für solche Fragen findest du weiter unten im Text hier.
Zusätzlich wird meist empfohlen, den Tag mit einer Affirmation oder einem Mantra zu starten. Darüber liest du hier mehr.
Dankbarkeitstagebuch
Das Dankbarkeitstagebuch ist eigentlich eine Unterform. In dieses schreibst du nur am Abend – aber etwas ausführlicher. Hier etwas mehr darüber.
Journaling mit Prompts
Psychologisch tiefer greift das Journaling mit sogenannten „Prompts“. Damit sind Satzanfänge gemeint, die dem Schreibfluss eine Richtung geben (können). Das eignet sich für alle, die das Automatische Schreiben (siehe nächsten Punkt) nicht mögen. Die aber in bestimmten Situationen im Leben denken, dass das Aufschreiben eine Hilfe oder Entlastung sein könnte. Und da ist was dran: Etwa wenn du dich selbst als mürrisch empfindest, wäre es gut, deine Momente des Glücks aufzuschreiben. Oder wenn alle Entwicklungen gerade stocken oder du dich nicht entscheiden kannst, dann frage dich nach Situationen, die dir Freude bereiten oder dich inspirieren. Die Methode geht so:
Nimm dir einige Minuten Zeit und notiere in die erste Zeile deines Journals die Frage, über die du schreiben willst. Das könnte sein „Was mich heute wirklich überraschen würde…“ und schreibe dann weiter. Oder stelle dir eine Frage, mit der du in den Text startest. Falls du abschweifst, kannst du die Frage oder den Satzanfang noch einmal aufschreiben. Hier einige Idee für Prompts:
- Heute freue ich mich besonders auf…
- Sehr überraschen würde mich heute…
- Bei der Arbeit geht es mir gut, wenn…
- Ich bin dankbar dafür, dass…
- Heute will ich das für mich selbst tun:
- So richtig Freude bereitet mir…
- Was inspiriert mich besonders?
- Wenn heute ein perfekter Tag wird…
Stream of Consciousness / Automatisch schreiben
Für mich ist das Automatische Schreiben so etwas wie der Goldstandard des Tagebuchschreibens und Journaling: Du nimmst dir einige Minuten Zeit und beginnst (mit der Hand in ein Notizbuch) zu schreiben. Und zwar so schnell und so viel wie möglich. Viel mehr ist eigentlich nicht dran – auch wenn ich hier viel mehr dazu geschrieben habe.
Erfolgsjournal
Auf deinen Erfolg kannst du in zwei Richtungen schauen: auf Dinge, die dir erfolgreich gelungen sind und Dinge, die du noch erreichen möchtest. Und beides passt in ein Erfolgsjournal:
- Was ist dir gelungen? Vielleicht auch: Warum ist dir das gut gelungen?
- Was sind deine Ziele? Und wie willst du sie erreichen?
Beides wird möglichst farbig und detailreich in das Erfolgsjournal geschrieben. Warum? Weil unser Gehirn so funktioniert: Wenn du etwas gut erledigt hast und dich dafür feierst, dann sammelst du Selbstbewusstsein und entwickelst eine positive Stimmung, die dich positiver durch den Tag trägt. Und wenn du deine Ziele formulierst und ich möglichst häufig daran erinnerst, dann kann dir dein Unterbewusstsein helfen, diese leichter zu erreichen.
Kontakttagebuch
Nun gibt es – in Zeiten der Pandemie – auch die Empfehlung, ein Kontakttagebuch zu führen. Das mag aus technischen Gründen zur Nachverfolgung einer Infektion Sinn ergeben. Allerdings meine ich das hiermit nicht. Ich empfehle vielmehr, in einem laufenden Journal vor allem die persönlichen Kontakte zu würdigen: Wenn du dir morgens in deiner Schreibroutine vornimmst, eine gute Freundin oder einen Verwandten zu sprechen und abends notierst, wie es dir in welcher Beziehung gegangen ist, erhöhst du die Menge und die Tiefe deiner Beziehungen. Und Psychologen wissen: Es gibt nichts Wichtigeres im Leben als gute persönliche Kontakte.
Tagebuch vs. Journaling
„Journaling“ ist nicht die Übersetzung von „Tagebuchschreiben“ ins Biohacking-Denglisch. Nein. Das wäre eher „Diary“. Der eigentliche Unterschied zwischen dem Tagebuchschreiben und dem Journaling (besser englisch aussprechen) ist:
- Tagebuch: freies Reflektieren und situatives Notieren von Ereignissen und Gedanken. Ziel ist die persönliche Selbst-Entdeckung und eine erhöhte Achtsamkeit.
- Journaling: strukturierte Persönlichkeitsentwicklung mit konkretem Ziel. Die Journaling-Methode kann also – je nach Bedarf – angepasst werden.
Natürlich sind auch Mischformen denkbar. Während wir aber grundsätzlich frei und ungeordnet ins Tagebuch schreiben und damit heilsame Prozesse in Gang setzen, folgt das Journaling eher einem Plan: Im Dankbarkeitstagebuch werden gezielt Glückshormone aktiviert, mit einer Bucket List planst du d…

Der „Contentman“ hier und mein Newsletter dort sind meine Spielwiesen und digitale Chancen, meine Gedanken auszudrücken. Lange Jahre war ich Journalist – habe also vielleicht ein bisschen Tinte in meinem Blut. Mein Geld verdiene ich als Produktentwickler im Wort & Bild Verlag. .
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