Texte überarbeiten

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Kaum ist ein Text geschrieben, geht die Arbeit richtig los. Falls du ein Buch schreibst, musst du ebenso viel Zeit für das Korrekturlesen und Überarbeiten einplanen. Bei digitalen Texten manchmal sogar noch mehr. Vieles davon erledigen wir Texter:innen zwar schon während der Textarbeit. Aber das könnte ein Fehler sein.

Texte überarbeiten
Alles da? Aber nicht gut sortiert. Also los… (Foto: Eric)

Wieso wir Planen, Schreiben und Überarbeiten trennen müssen

Ich stelle mir immer vor, dass Schreiben die komplexeste Arbeit ist, die mein Gehirn leisten kann. In einem Gehirnscan würden Dutzende Regionen aufleuchten, während wir unsere Gedanken tippen: der planende präfrontale Kortex, das sprachproduzierende Broca-Areal, das sprachverstehende Wernicke-Areal, der primäre motorische Kortex, der die Finger steuert, der visuelle Kortex, der die Buchstaben erkennt, und dann das Kreativitätsnetzwerk. Dieses „Default Mode Network“, in dem unsere Ideen entstehen und entwickelt werden. Dieses arbeitet besonders intensiv, wenn alle anderen Kortexregionen eher ruhig sind.

Das zeigt sehr deutlich: Wenn wir beim kreativen Schreiben über Groß- und Kleinschreibung, Geschlechtergerechtigkeit oder einen besonders schönen Schreibstil nachdenken – wird der Inhalt nicht besonders kreativ sein.

Um sicherzustellen, dass alles an seinem Platz ist, besteht ein professioneller Schreibprozess aus drei Phasen:

  1. Planen
  2. Schreiben
  3. Überarbeiten

Damit das klappt, sollten wir uns zuerst überlegen, was wir wie schreiben wollen. Dann schreiben wir es. Und schließlich überarbeiten und redigieren wir das Ergebnis.

Offen gestanden, ist das nicht so klar zu trennen. Auch ich habe eine Rechtschreibprüfung und werde ganz nervös, wenn zu viele Unterstreichungen korrigiert werden wollen. Und ich kann mich beim Schreiben auch nicht gegen Gedanken wehren, die in die Planung gehört hätten. Ich will mich auch gar nicht dagegen wehren. Und doch: Ich versuche, dem Ideal so nahe wie möglich zu kommen.

Und die besten Ergebnisse erziele ich, wenn ich einen Text gut geplant habe und erst am Schluss überarbeite. Das geht übrigens auch am schnellsten.

Die 7 Ebenen der Überarbeitung

Damit wir uns richtig verstehen, werde ich den Begriff „Überarbeitung“ in seine Bestandteile atomisieren. Wir können ja nicht gleichzeitig auf die Kommasetzung und die Korrektheit der Zitate achten. Erfahrene Redakteur:innen trauen sich das möglicherweise zu – aber sie irren. Hier also die Bestandteile der Überarbeitung. Ich sortiere das vom Allgemeinen zum Besonderen – zumindest bis zum letzten Punkt.

  1. Ziel erreicht? Mit jedem Artikel möchten wir ein Ziel erreichen. Bevor wir an die Kommasetzung gehen, müssen wir wohl prüfen (oder prüfen lassen), ob dieses Ziel erreicht wird.
  2. Inhalte korrekt? Der Faktencheck: Stimmen die Informationen und enthalten sie die Wahrheit? Damit meine ich, ob sie die Haltung wiedergeben, die wir ausdrücken möchten.
  3. Ist die Struktur hilfreich? Einstieg, Kapitel und Ende: Jeder Text hat eine Struktur – die gerade im Digitalen wichtig ist. Denn unsere Leser:innen lesen vielleicht nur Teile. Und: Funktioniert die Headline?
  4. Ist das verständlich? Das können vermutlich nur andere beurteilen. Jedenfalls muss es der Zielgruppe möglich sein, den Inhalt des Artikels ohne viel Grübelei zu verstehen.
  5. Stilistisch in Ordnung? Zwar ist Klarheit vermutlich der beste Stil. Doch haben wir alle einen anderen Ton. Und der sollte zum Inhalt und der Zielgruppe passen. Außerdem muss er durchgängig sein.
  6. Richtig geschrieben? Vermutlich werden auf jeder Stufe Fehler ausgebessert. Und trotzdem sind noch viele enthalten. Jede Wette.
  7. Ansprechend angekündigt? Der Artikel benötigt eine angemessene Hinführung. Das sind meist kurze Teaser und Lines in den Meta-Angaben oder auf Social Media.

Auch hier gilt: Besser nicht alles gleichzeitig machen. Während du versuchst zu verstehen, ob der Text zu verstehen ist, wird dich das Setzen von notwendigen Kommas nur verwirren. Das ist übrigens ein Grund, warum ich möglichst schnell mit einer Autokorrektur wie dem LanguageTool alle Fehler ausmerze – dann kann ich mich endlich auf den Inhalt konzentrieren. Die Reihenfolge ist ja im Grund egal.

Schauen wir uns die sieben Ebenen im Einzelnen an.

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1. Ziel erreicht?

Wieso hast du diesen Beitrag eigentlich geschrieben? Es gibt viele Gründe, einen Artikel ins Internet zu schreiben. Dazu habe auf dem Contentman einiges geschrieben. Am besten schaust du erneut in meinem Artikel über das Briefing. Manchmal verlieben wir uns ja in besondere Gedanken oder die Idee, schlau daherzuschreiben. Sei in diesem Punkt bitte gnadenlos zu dir selbst. Nur dann haben deine Leser:innen eine Chance, nach dem Lesen das zu tun, was du von ihnen erwartest.

Hilfreiche Tools: Um selbst das Ziel des Artikels überprüfen zu können, musst du mindestens einmal darüber schlafen. Du kannst den Text natürlich einer zweiten Person vorlegen und fragen, was sie damit anfangen kann.

2. Inhalt korrekt?

Vor allem, wenn du mit einer KI geschrieben oder deine Informationen irgendwo von anderen Webseiten stibitzt hast, musst du sie auf deren Wahrheit prüfen. Und damit meine nicht nur die Korrektheit. Sie müssen auch ein stimmiges (oder ein zumindest aus einer Perspektive stimmiges) Bild ergeben. Deshalb setze sie in Beziehung und versuche vielleicht auch, mit Infografiken ein Gesamtbild zu liefern. Wie auch immer: Checke die Fakten!

Hilfreiche Tools: Zumindest der Wissensstand der Wikipedia sollte ausreichend sein. Und führe Quellenangaben ein, damit die Leser:innen auch Vertrauen bekommen. Außerdem zwingt es dich, selbst nach Quellen zu suchen.

3. Ist die Struktur hilfreich?

Falls du den Artikel gut geplant hast, ist das schnell erledigt. Mir passiert es allerdings immer wieder, dass ich die Überschrift, die Dachzeile, den Einstieg, die Zwischenüberschriften und das Fazit während oder nach dem Schreiben verändere. Also muss ich das checken. Am leichtesten fällt mir das, wenn ich einen Beitrag in meinem Blog geschrieben habe. Denn dort gibt es eine Sprungmarkennavigation, die automatisch über dem Text aus den Zwischenüberschriften zusammengebaut wird. Diese kann ich prüfen.

Sehr viel zu tun ist, falls der Artikel schlecht geplant ist, oder gar eine Übernahme aus einem Print-Beitrag, der online nicht funktioniert. Dann solltest du dir eine Menge Zeit nehmen – oder den Artikel gleich ganz neu schreiben. Du kannst den Inhalt ja nicht absatzweise mischen und hoffen, er bleibt noch verständlich. Eigentlich fängst du in diesem Moment wieder von vorn an. Deshalb achte besser vorher auf eine gute Planung

Hilfreiche Tools: Auch hier ist hauptsächlich deine eigene Vorstellung das beste Tool. Lies dir diese Elemente durch und prüfe, ob sie jeweils (also jedes für sich) die ganze Geschichte umreißen:

  • Dachzeile/Headline (Angabe des Themas und Leseanreiz)
  • Vorspann (Versprechen, was der Text erzählen wird)
  • Zwischenüberschriften (die ganze und sinnvolle Reihenfolge)
  • Fazit („Und die Moral von der Geschichte…“)

4. Ist das verständlich?

Wie sollen wir denn nur entscheiden, ob etwas verständlich isst? Das ist eine Zwickmühle. Aber wir können uns darin üben, in die Haut (oder hinter die Augen) anderer zu schlüpfen. Und das wird uns hier helfen. Denn einfache Regeln funktionieren leider nicht. „Keine Fremdwörter“ oder „nur kurze Sätze“ sind unbewegliche, tote Richtlinien. Sie beleidigen manchmal auch das Bedürfnis unserer Zielgruppe nach verständlichen Texten. Denn Verständlichkeit ist subjektiv.

Hilfreiche Tools: Und trotzdem gibt es mindestens drei Hilfen, die ich dir anbieten kann, um die Verständlichkeit deiner Artikel zu prüfen.

  1. Erste Leser:innen: Lass deinen Text von anderen lesen. Das müssen keine ausgebildeten Autor:innen oder Lektor:innen sein. Und das gilt auch nicht für alle Texte. Lass dir gelegentlich ein ausführliches Feedback von anderen geben. Daran lernst du am besten.
  2. Darüber schlafen: Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus und du blickst mit frischen Augen auf den Text von gestern. Deine eigene Redigatur ist am erfolgreichsten, wenn du mindestens einmal schläfst.
  3. Laut lesen: Um die Stellen zu finden, an denen er noch holpert, liest du dir den Text laut vor. Ja, richtig: laut. Zumindest bewegst du die Lippen und hauchst die Worte. Du wirst merken, dass du dort stolperst, wo es holpert.

5. Ist es stilistisch in Ordnung?

Im besten Fall denken wir über Stil sehr wenig nach. Denn dieser ist, wie gutes Design, überhaupt nicht zu sehen. Verständlich soll er sein und den wichtigen Elementen des Textes ein bisschen mehr Gewicht geben. Eine einfache Regel ist etwa: Kurze Sätze sind prägnanter als lange. Das heißt nicht, dass lange Sätze verboten sein sollen. Es kann ja nicht alles prägnant und damit „laut“ sein.

Doch solche Regeln lassen sich während der Redigatur kaum mehr ändern. Natürlich können wir in einem geschriebenen Text Stilfehler entschärfen, Sätze vereinfachen und in die richtige Reihenfolge bringen. Wir werden aber den Ton, die Melodie nicht mehr ändern. Diese Melodie gibt es – oder nicht. Die gute Nachricht ist allerdings: Die allermeisten Gebrauchstexte, die wir schreiben, kommen ausgezeichnet ohne Melodie aus. Sie müssen nur klar und eingängig sein. Das bekommen wir prima mit einfachen Methoden erledigt.

Hilfreiche Tools: Bei Gebrauchstexten ist der Stil sehr eng an die Verständlichkeit gekoppelt. Also gilt alles, was ich weiter oben dazu geschrieben habe. Allerdings will ich noch die KI von DeepL Write empfehlen. Diese macht verblüffend viele und verblüffend gute Vorschläge zur Verbesserung von Texten. Solange du dir damit nicht die Melodie entfernen lässt (falls du eine hast), ist das Tool perfekt.

6. Richtig geschrieben?

Das ist einfach: Falls du es dir bis hierhin gelungen ist, deine Rechtschreibfehler nicht zu korrigieren, frage eine gute Rechtschreibprüfung. Auch hier müssen wir uns gelegentlich gegen die technisch korrekten Vorschläge durchsetzen. Doch ich liebe es, alle Anmerkungen durchzugehen. Denn dabei lerne ich immer wieder neue Regeln, von denen unserer Sprache eine Menge hat.

Es gibt einige Regeln, bei denen wir laut Duden freie Hand haben. Etwa, ob wir in Aufzählungen jeweils am Ende einen Punkt machen. Oder, ob wir gendern. Das sind Themen, die einmal für jede Webseite, jede Firma oder zumindest für jeden Text entschieden werden müssen. Das gehört dann in eine Sprach-CI oder ein Briefing. Im Idealfall müssen wir hier also nur noch vorhandene Regeln abarbeiten.

Hilfreiche Tools: Jedes Betriebssystem, jede Textverarbeitung kommt schon mit einer Autokorrektur. Und diese sind meist ziemlich gut. Ich liebe allerdings mein LanguageTool. Denn dieses merkt sich auf Wunsch meine Entscheidungen und knipst entsprechend die Regeln aus. Auch die Grammatik- und Stilvorschläge sind fundiert. Außerdem kann ich es im Browser und in Word nutzen. Ich halte das für eine gute Investition. Den Duden Mentor habe ich bei mir wieder rausgeschmissen, weil er mir zu laut war. Aber das hat sich ja vielleicht wieder geändert.

7. Ansprechend angekündigt?

Nun sind wir inhaltlich durch. Glückwunsch! Für einen letzten Akt benötigst du allerdings noch etwas Zeit. Denn nach all dem Schreiben und Überarbeiten wird es Zeit, deine Arbeit angemessen anzukündigen. Du benötigst verschiedene Ankündigungs-Texte – und es gibt keinen besseren Zeitpunkt, diese zu schreiben. Ich meine damit:

  • Title-Tag, Meta-Description (für Google)
  • weitere Meta-Texte (z.B. OpenGraph, TwitterCards
  • Teaser für deine Webseite
  • Ankündigungen und Zusammenfassungen für andere Medien

Diese können unterschiedliche Längen und auch Stilformen haben. Allerdings müssen sie eine Gemeinsamkeit haben: Deinen Artikel perfekt zusammenfassen. Deshalb schlage ich vor, dass du dir nochmals deinen Einstieg anschaust und dir überlegst, wie du deine Leser:innen zu diesem führst. Denn jede Ankündigung sollte die Brücke sein, über die deine Zielgruppe zum Text kommt.

Hilfreiche Tools: Tatsächlich ist das ein Moment, an dem Sprachmodelle wie ChatGPT glänzen können. Denn genau das ist ihre Stärke: Inhalte zusammenfassen und in eine passende Form bringen. Ich habe dann immer einiges zu verbessern. Denn der Schreibstil von ChatGPT ist mir nicht prägnant genug und ich habe oft noch einen zusätzlichen Gedanken. Doch den hätte ich nicht, wenn ich nicht die KI gefragt hätte.

Damit du weißt, wie dein Artikel bei Google aussehen wird, empfehle ich dir den Sistrix Snippet Generator. Der macht genau, was er soll.

Vorschlag für den Workflow

Damit wir uns richtig verstehen: Ich meine nicht, dass du deinen Text siebenmal lesen und ändern musst. Das wäre fad und realitätsfern. Allerdings solltest du mit zwei oder drei Lesevorgängen rechnen. Je nachdem, ob du Hilfe hast oder alles selbst erledigst. Hier ein Vorschlag für einen Workflow nach dem Schreiben:

Schritt 1: Eine Nacht darüber schlafen

Schritt 2: Mit hoher Geschwindigkeit laut (!) lesen und alle Stolpersteine markieren.

Schritt 3: Absatzweise Überarbeitung und Korrektur von Details.

Schritt 4: Nach einer weiteren Pause ein weiterer, schneller Lesevorgang mit weiteren Detailänderungen.

Ich bin mir nahezu sicher, dass du das anders machen willst. Das ist völlig in Ordnung, aber versuche es mal in dieser Reihenfolge.

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