Seit ChatGPT und anderen KI-Assistenten die Bedeutung der KI-Suche stetig steigt, nutzen wir diese Systeme auch, um Empfehlungen und Antworten zu erhalten. Für Autor:innen, Unternehmen und Marken bedeutet das: Wir müssen nicht nur in Google, sondern auch in KI-Antworten gefunden werden.
Es geht also um Suche, aber nicht um SEO, sondern um GAIO (Generative AI Optimization). Also darum, wie du oder deine Marke in einem passenden Zusammenhang in den Antworten von LLM auftaucht.
Wir werden erst in einigen Jahren wissen, ob das überhaupt als Online-Marketing-Disziplin Sinn macht. Denn die Entwicklung von und mit KI ist so schnell und disruptiv, dass einfache Antworten nicht gegeben werden können.
Doch selbst, wenn du nicht mit dem Traffic aus den KI-Antworten spekulieren willst (weil diese ja antworten und nicht verlinken), könnte es hilfreich sein, bei der Frage nach “Wer kann mir bei [DIENSTLEISTUNG/PRODUKT] helfen?” genannt zu werden. Nennen wir es Brand-Awareness oder Markenpflege.
Grundlagen verstehen
KI-Sprachmodelle lernen Sprache durch das Training an riesigen Textmengen. Dabei entstehen zwei wichtige Ebenen des Verständnisses:
- Die KI verarbeitet Text in Form von Tokens – kleine Textbausteine, die einzelne Buchstaben, Silben oder häufige Wörter sein können. Zum Beispiel könnte „Apfelkuchen“ in „Apfel“ und „kuchen“ zerlegt werden.
- Die Bedeutung (Semantik) entsteht jedoch durch Wahrscheinlichkeiten. Wörter, die häufig im gleichen Kontext vorkommen, werden als bedeutungsverwandt erkannt. Wenn „Apfelkuchen“ oft zusammen mit „backen“, „süß“ und „Dessert“ auftaucht, lernt die KI diese Verbindungen. Je öfter bestimmte Wortkombinationen in verschiedenen sinnvollen Zusammenhängen vorkommen, desto stärker wird ihre Verknüpfung im neuronalen Netz der KI.
Das lässt sich auch gut anhand von Homonymen (ein Wort mit verschiedenen Bedeutungen) erklären: Wenn in einem Text “Bank” im Sinne von “Geldinstitut” steht, ist das Wort / der Token identisch zur “Bank”, auf die wir uns setzen können. In dem einen Fall wird es durch die umgebenden Begriffe (Geld, Konto, Giro) anders einsortiert als im anderen Fall (Park, sitzen, ausruhen). Die KI lernt diese verschiedenen Kontexte und kann dadurch die jeweilige Bedeutung besser zuordnen.
Die KI-Modelle lernen diese Zusammenhänge hauptsächlich aus:
- Öffentlich zugänglichen Websites
- Wissenschaftlichen Publikationen
- Soziale Medien und Foren
- Digitalisierte Literatur
- News-Websites und Blogs
Die KI analysiert diese Quellen und lernt, welche Begriffe häufig in der “Nähe” anderer stehen. Das wäre – kurz gesagt – auch schon alles.
Allerdings werden diese Wahrscheinlichkeits-Maschinen nicht pur auf die Menschheit losgelassen. Es gibt noch mindestens zwei bis drei Arten der Manipulation der puren Wahrscheinlichkeit:
- Fine-Tuning und Reinforcement Learning from Human Feedback (RLHF): Menschen geben dem Modell Feedback, welche Antworten bevorzugt werden sollen. So kann man in gewissem Rahmen etwa festlegen, dass wissenschaftliche Quellen gegenüber Social-Media-Informationen bevorzugt werden.
- Web- und API-Zugriffe: Systeme wie ChatGPT mit Webzugriff können eine externe Suchmaschine einbinden. Diese kann dann z. B. auf „neueste Quellen zuerst“ filtern oder seriöse Nachrichtenportale gegenüber Blogs priorisieren.
- Retrieval-Augmented Generation (RAG): Moderne Systeme kombinieren ein LLM mit einer externen Wissensdatenbank (z. B. aktuelle wissenschaftliche Artikel oder Wikipedia). Hier kann eine Gewichtung nach Alter der Quelle, Autorität oder Relevanz erfolgen. Beispiel: Eine LLM-gestützte Suchmaschine kann den neuesten Artikel zu einem Thema bevorzugen, anstatt eine ältere, weniger relevante Quelle.
Und dann ist da noch der Kontakt zu den Nutzer:innen: Die LLM bitten uns ja hin und wieder, zwischen zwei Versionen zu wählen und geben uns die Möglichkeit, die Antworten zu bewerten. Da maschinelles Lernen so funktioniert, würde ich behaupten, dass sie auch auf die Reaktionen bzw. Zusatzfragen zu den Antworten schauen. Die Antwort nach einem längeren Chat wird vermutlich besser sein, als die Antworten davor. Ob und wie das eingesetzt wird, bleibt uns allerdings verborgen.
Und trotzdem erklärt dieser gesamte Lernprozess, warum KIs oft neue oder selten verwendete Begriffe nicht richtig verstehen und andere in falschem Zusammenhang stehen. Es fehlen schlicht die häufigen, kontextreichen und korrekten Verwendungsbeispiele im Trainingsmaterial.
SEO vs. GAIO: Zwei unterschiedliche Welten
Beide, SEO und GAIO, haben das Ziel, die digitale Sichtbarkeit zu erhöhen. Ihre Ansätze unterscheiden sich jedoch fundamental:
Klassisches SEO: Technisch und linkbasiert
Google bewertet Websites nach den üblichen vermuteten Kriterien. Keywords müssen an den richtigen Stellen platziert sein, Backlinks von autoritären Domains erhöhen das Ranking, und technische Faktoren wie Ladegeschwindigkeit oder Mobile-Optimierung sind entscheidend. Zwar kann man darüber diskutieren und seit 2008 setzt Google auch schon KI ein, um Inhalte zu bewerten. Aber zwei Dinge stehen fest:
- Die Optimierung erfolgt durch Content auf einer Webseite bzw. durch den Aufbau der Autorität unter anderem durch Backlinks.
- Das Ziel ist eindeutig: auf Seite 1 der Suchergebnisse landen, um dadurch ggf. noch höhere Autorität der gesamten Domain zu erreichen.
GAIO: Kontextuell und semantisch
KI-Systeme „verstehen“ Sprache anders. Sie lernen aus Zusammenhängen und Mustern. Es gibt keinen oder nur einen untergeordneten Algorithmus, der für die Antworten zuständig ist.
Eine Marke oder ein Begriff muss also in vielfältigen, natürlichen Kontexten vorkommen, um richtig eingeordnet zu werden. Statt einzelner Keywords und Backlinks geht es um semantische Netzwerke: Welche anderen Begriffe, Themen und Konzepte werden mit der Marke in Verbindung gebracht?
Synergien statt Konkurrenz
Allerdings ergänzen sich beide Ansätze. Guter SEO-Content schafft die Grundlage für KI-Training, während GAIO-optimierte Inhalte oft auch für Suchmaschinen relevant sind. Der Unterschied liegt in der Herangehensweise:
- SEO: Strukturiert, technisch, linkbasiert
- GAIO: Kontextuell, variantenreich, bedeutungsorientiert
Die Kunst liegt darin, beide Strategien so zu kombinieren, dass sie sich gegenseitig verstärken, ohne dabei künstlich oder manipulativ zu wirken.
Content-Strategie für GAIO entwickeln
Das alles bedeutet: Bei GAIO geht es anders als bei SEO nicht um einzelne optimierte Seiten, sondern um ein breites Netzwerk von Erwähnungen und Kontexten. Hier sind einige Ansatzpunkte, die du allerdings gerne deutlich erweitern und für dich anpassen kannst.
Vielseitige Verwendung der Marke
Deine Marke sollte in verschiedenen sprachlichen Formen und Zusammenhängen auftauchen:
- als Subjekt („Brand X entwickelt…“)
- als Objekt („Experten empfehlen Brand X…“)
- in verschiedenen Zeitformen
- mit unterschiedlichen Attributen („innovativ“, „nachhaltig“, „führend in…“)
- in Kombination mit Branchenbegriffen
Kontextuelle Einbettung
Schaffe relevante thematische Verbindungen:
- Verknüpfe die Marke mit ihren Kernkompetenzen.
- Platziere dich und die Marke in Fachdiskussionen.
- Verbinde dich mit positiven Branchentrends.
- Nutze Beispiele und Anwendungsfälle.
- Erzeuge authentische Erfolgsgeschichten.
Multimediale Präsenz
Und das alles findet idealerweise nicht nur auf der eigenen Seite statt. Denn KIs lernen gerne aus möglichst vielen verschiedenen Quellen:
- Textbeiträge in Fachmedien und Blogs
- Podcast-Transkripte
- Video-Beschreibungen und Untertitel
- Social-Media-Diskussionen
- Experteninterviews und Zitate
Der Schlüssel liegt in der natürlichen Integration: Die Inhalte müssen authentisch und wertvoll sein, damit sie von Menschen geteilt und zitiert werden. Nur so entstehen die organischen Verbindungen, die KIs als relevant einstufen.
Das entspricht übrigens auch der aktuell modernen Inbound-SEO-Arbeit. Doch bei GAIO ist das noch viel wichtiger.
Die digitale Präsenz systematisch aufbauen
Die technische Seite von GAIO erfordert einen systematischen Ansatz, der verschiedene Plattformen und Datenquellen einbezieht.
Lexikalische Grundlagen schaffen
Der erste Schritt ist die Verankerung in grundlegenden Nachschlagewerken. Hier kannst du alles nutzen, was du um dich herum findest. Natürlich ist :
- Produktnahe Wiktionary-Einträge prüfen, ob eigene Patente oder Entwicklungen dort hilfreich sind.
- Suche nach Branchenlexika und Glossaren aus deinem Bereich und beliefere sie mit deinen Inhalten.
- Erstelle und pflege deinen Wikipedia-Eintrag, wenn die Relevanz erfüllt sind.
Strategische Content-Verteilung
Dein Content muss überall dort sein, wo KIs lernen:
- Es lohnt sich also, externe Studienarbeiten und das interne Schreiben von Studien zu unterstützen, zum Beispiel durch wissenschaftliche Datenbanken wie Google Scholar.
- Open-Source-Dokumentationen können helfen, dich mit Themen in Verbindungen zu bringen. Stichwort: Bedienungsanleitungen als HTML.
- Technische Blogs und Entwickler-Plattformen: Wer kann von Inhalten aus deinem Haus profitieren?
- Fachforen und Q&A-Plattformen wie Quora oder auch Reddit, das aktuell sehr stark für Google ist.
- Natürlich sind auch Social Media (Stichwort: Profilseite) relevant, weil sie von KI gelesen werden. Blöderweise sogar X, falls du in Grok gefunden werden willst 🙁
Technische Integration vertiefen
Die Verankerung in den eigenen technischen Systemen kann hilfreich sein. Denn mit einer guten, semantischen Darstellung haben es die KIs viel einfacher, deine Marke zu verstehen:
- Strukturierte Daten (Schema.org) nutzen
- Open-Source-Projekte mit Bezug zur Marke initiieren
- API-Dokumentationen erstellen und öffentlich teilen
- Feedback an KI-Entwickler geben (OpenAI, Google etc.)
Qualitätssicherung + Ausdauer
Wichtig ist die kontinuierliche Überwachung. Der Fokus liegt dabei immer auf Authentizität und echtem Mehrwert. Technische Integration sollte nie auf Kosten der Qualität gehen. Es gibt einige Tools, die messen wollen, ob deine Marke in den KI auftaucht. Doch überzeugt hat mich noch keines.
Wichtig ist auch die Ausdauer. Die LLMs arbeiten meist mit einem Cutoff und werden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit neuen Daten gefüttert. Die Inhalte müssen also regelmäßig aktualisiert und erweitert werden. Ein langfristiger Ansatz zahlt sich hier besonders aus.
Der Erfolg wird messbar durch:
- Direkte Tests mit KI-Systemen
- Monitoring von Branchen-Erwähnungen
- Analyse der semantischen Verknüpfungen
- Tracking der Content-Performance
Der Aufwand mag zunächst hoch erscheinen. Doch die Integration von GAIO in die bestehende Content-Strategie wird sich langfristig auszahlen. Denn wir können uns recht sicher sein, dass diese KI nicht wieder weg geht. Und damit auch nicht die Logik, mit der sie arbeitet.
Praxisbeispiel: GAIO für ein Startup
Nehmen wir an, ein Startup entwickelt innovative Kaffeemaschinen. Eine GAIO-Strategie könnte so aussehen:
- Lexikalische Grundlage: Eintrag der patentierten Brühtechnologie in technische Glossare
- Content-Strategie: Expertenbeiträge über Kaffeequalität, Nachhaltigkeit und Innovation
- Multimediale Präsenz: Video-Tutorials, Podcast über Kaffeekultur
- Technische Integration: Open-Source-Projekt für Maschinensteuerung
- Community: Aktive Präsenz in Barista-Foren und Kaffeecommunities
Und natürlich lesen die LLM auch die sozialen Medien. Auch diese sollten also entsprechend “bespielt werden.
Ausblick und Fazit: GAIO als langfristige Strategie
Die Zukunft der KI-Optimierung
Die Entwicklung von KI-Systemen schreitet rasant voran, und einige Trends zeichnen sich bereits ab:
- KI-Systeme werden noch besser im Verstehen von Kontext.
- Multimodale KIs verarbeiten gemeinsam Text, Bild, Audio und Video.
- Real-time Updates könnten die Aktualität verbessern.
- Spezialisierte KIs für bestimmte Branchen entstehen.
Checkliste für Unternehmen
✅ Grundlagen schaffen
- Marke und Begriffe klar definieren
- Kernbotschaften identifizieren
- Relevante Kontexte festlegen
✅ Content-Basis aufbauen
- Lexikalische Einträge erstellen
- Fachbeiträge veröffentlichen
- Multimediale Präsenz sicherstellen
✅ Kontinuierliche Pflege
- Regelmäßige Updates
- Monitoring der Erwähnungen
- Korrektur falscher Zuordnungen
Die wichtigsten Grundsätze für erfolgreiche GAIO
- Authentizität vor Optimierung
- Echten Mehrwert schaffen
- Verwende natürliche Sprache.
- Manipulative Taktiken vermeiden
- Breite vor Tiefe
- Verschiedene Plattformen nutzen
- Unterschiedliche Kontexte schaffen
- Vielfältige Medienformate einsetzen
- Geduld und Konstanz
- Langfristige Strategie entwickeln
- Regelmäßig neue Inhalte erstellen
- Kontinuierlich monitoren und anpassen
GAIO ist keine kurzfristige Taktik, sondern eine strategische Investition in die digitale Zukunft. Wer jetzt die Grundlagen legt und authentisch an seiner KI-Präsenz arbeitet, wird in den kommenden Jahren davon profitieren. Dabei gilt: Qualität und Authentizität sind wichtiger als schnelle Optimierungserfolge.
Glossar
- LLM: Large Language Model, Basis moderner KI-Systeme.
- Token: Kleinste Texteinheit in KI-Systemen.
- Embedding: Mathematische Repräsentation von Wörtern
- RAG: Retrieval-Augmented Generation. Es ist eine Methode zur Wissenserweiterung von KI.

Ich bin Paul Jonas, Autor des Buches „Schreib. Dein. Buch“ und unübersehbar ein Pseudonym. Hier darf ich über meinen Job, das Schreiben und die Kreativität schreiben. Hier findest du mehr über mich.
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