Das hier richtet sich – vorwiegend – an Roman-Autor:innen. Allerdings habe ich auch alle anderen im Kopf, die überhaupt schreiben. Also auch Sachbuch-Autor:innen; ja sogar Blogger:innen und Journalist:innen. Wobei die Letzteren deutlich anderen Kriterien unterliegen – und sich im Idealfall dem Stil ihres Mediums anpassen müssen.
Und sind wir auch schon mitten im Thema: Wer will eigentlich einen eigenen Schreibstil kreieren? Die Antwort lautet vermutlich: „Alle, die wiedererkannt werden wollen.“ Und das trifft nun mal vorrangig auf die Autor:innen von Romanen zu. Und weniger auf alle, die ein Sachbuch oder Nachrichten für ein Newsmedium schreiben. Na gut, das versteht sich ja von selbst.
Warum überhaupt ein Schreibstil?
Was ist ein Schreibstil? Gute Frage. Der Begriff kommt aus der Literaturwissenschaft und bezeichnet im Grunde ein Geflecht aus Wortwahl, Satzstil und Satzkonstruktion. Was man also an Worten nimmt und wie man sie zusammenstellt, um einer bestimmten Wirkung zu erschaffen.
Schreibstil ist mehr als die bloße Wortwahl
Schreibstil enthält Elemente der Sprache und der Grammatik. Wie: Formulierung, Länge der Sätze, Art der Beschreibung, Wiederholung, Struktur, Repetition und vieles mehr. Generell schließt ein Schreibstil somit alle Mittel des Erzählens mit ein.
Ich selbst versuche so wenig „Stil“ wie möglich zu haben. Doch ich verwende häufig Aufzählungen, arbeite mit der Variation von Satzlängen und verwende gerne auch unübliche Wörter. Ist das schon ein Stil? Vermutlich nicht erkennbar. Aber ich fühle mit darin wohl. Vielleicht ist das auch schon ein Zeichen von eigenem Stil.
Interessanter Schreibstil schließt jedenfalls kleine Fehler oder gar Tabuverletzungen ein. Wenn ich etwa Infos durch Wiederholung betone. Wenn ich also redundant vorgehe. Wenn ich also etwa Sätze mit demselben Wort beginne. Wie die letzten drei. Dann kreischt zwar jede pingelige Auto-Korrektur – aber als Stilelement ist das zulässig und damit ein Teil des Stils.
Wie man seinen Schreibstil entwickelt
Die Entwicklung eines eigenen Schreibstils ist ein langer Prozess. Denn der Stil wird nicht gemacht – sondern er entwickelt sich rund um deine Fähigkeiten, deine persönlichen Eigenheiten und um das Ziel deiner Arbeit.
Wenn du also heute mit deinem ersten Fantasy-Roman beginnst, wirst du deinen Stil noch nicht gefunden haben. Das ist nicht möglich. Du wirst dich vielleicht am Ende deines Romans eingeschwungen haben – und hast schon den ersten Grund für eine Überarbeitung. So ist es, tut mir leid. Deshalb lohnt es sich übrigens, gar nicht mit dem Anfang der Geschichte zu beginnen. Doch dazu ein andermal.
Doch du kannst dir vorab einige Gedanken über deinen Stil machen: Was willst du erreichen? Welche Art von Geschichte möchtest du schreiben? Welche Erzählform? Und wie trittst du mit deinen Leser:innen in Kontakt? Kurz: Welche Art Erzähler:in willst du sein?
Und das gilt es dann „nur noch“ zu trainieren. Das funktioniert vermutlich am verlässlichsten, wenn das Schreiben mal zur Routine geworden ist und du deinen inneren Erzähler oder die innere Erzählerin völlig von der Leine lässt. Wie schon erwähnt: überarbeiten musst du nachher eh noch.
Also suche nicht nach dem Schreibstil, sondern lasse zu, dass er dich findet. Schreibe schnell, lass deine Gedanken fließen und denke am besten gar nicht über den Stil nach. Auch, wenn das mehr oder weniger unmöglich ist.
Werkzeuge, um einen Sprachstil zu entwickeln
Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Schreibstil ist, dass du dir selbst erlaubst, zu experimentieren. Man muss sich öffnen für neue Ideen und Werkzeuge.
Einige Werkzeuge kann ich dir trotzdem in die Toolbox legen.
- Regelmäßige Schreibübungen: Mit Automatischem Schreiben und/oder einem Tagebuch findest du deine eigene Stimme. Ob diese dann zu deinem Roman passt, wird sich zeigen. Aber es ist dein Stil.
- Bewusst lesen: Was machen die Autor:innen anders, die du magst? Das findest du heraus, wenn du deren Texte genau analysierst. Das kannst du durch einfaches Lesen machen. Markiere dir aber die Stellen, die dir stilistisch auffallen und überlege, warum, was dort steht.
- Abschreiben: Etwas mühselig ist es, die Texte von anderen abzuschreiben. Das hat allerdings zwei Lern-Effekte. Einerseits werden dir damit die Stilelemente bewusster. Andererseits wirst du an manchen Stellen den Wunsch haben, es anders zu schreiben – und stößt damit auf deinen eigenen Stil.
- Beschäftige dich mit Stilelementen: Ich habe hier einen – etwas unfertigen – Beitrag über Schreibstil geschrieben. Suche darin und woanders nach Elementen, die dir gefallen oder die dir nicht gefallen.
- Schreibe einfach: Der beste Startpunkt ist am Anfang. Deshalb tue alles, einfach und fokussiert das aufzuschreiben, was du sagen willst. Wenn du das eine Weile machst, wirst du sehr sicher schrittweise deinen eigenen Stil entwickeln.
Du kannst also ganz bewusst daran arbeiten. Schaue auf andere und picke dir das heraus, was gut für dich ist. Vergiss aber nicht, dass es keinen Umweg gibt. Und der geht über: schreiben, schreiben, schreiben.
Welche Arten von Schreibstilen gibt es?
Auch hier wieder: keine klare Antwort. Aber Autor:innen benutzen meist bestimmte Sprachelemente, um einen unterscheidbaren Schreibstil zu kreieren. Einige davon sind: Smileys, Metaphern, Auslassungspunkte, ostentative Wörter und gebrochene Sätze.
Was ostentative Wörter sind? Vielleicht könnte ich das mit „betont anders“ übersetzen. Wenn du also nicht „Hund“ oder „Dackel“ schreibst, sondern „Köter“ oder „vierbeiniger Freund des Menschen“. Und das ist auch ein triftiger Grund, dieses „Stilmittel“ – ebenso wie die Smileys – eher sparsam zu verwenden. Doch das ist deine Entscheidung.
Es gibt viele weitere Elemente, die einen individuellen Schreibstil aufbauen und erweitern können – wie etwa betont kurze Sätze, viel oder gerade wenig Fachsprache oder betont wortreich. Letzteres ist natürlich ein völlig sinnloser Stil, der vorwiegend von SEO-Texter:innen gepflegt wird, die 1.000 Wörter zu einem sinnlosen Thema schreiben müssen 🙂
Es gibt aber auch allgemeine Ausprägungen von Sprachstil, an denen du dich orientieren willst:
- Fachsprache
- Elaborierte Sprache
- Restringierte Sprache
- Bildmäßiger Sprachstil
- Emotionaler Sprachstil
- Kindersprache
- Erklärbärsprache
- persönlicher Bloggerstil
- Bürokratenstprache
Dir fallen noch andere Sprachstile ein. Du kannst dich bei all diesen Stilen bedienen und damit auch den entsprechenden Eindruck auf deine Leser:innen machen – falls es passt und du es gut machst. Und genau deshalb wird es jetzt Zeit für:
One Thing left: die Leser:innen
Das war es? Nein! Ich habe hier fast ausschließlich darüber geschrieben, was DU willst und wie du dahin kommst. Das ist aber alles völlig sinnlos, wenn du dabei vergisst, FÜR WEN du schreibst. Und falls das ein Roman oder ein Sachbuch ist, bist nicht du die Zielgruppe.
Was will also deine Zielgruppe?
Es gibt einen bedeutungsvollen Grund, warum das hier nur eine kurze (wenn auch wichtige) Rolle spielt: Falls du einen Schreibstil entwickeln willst, der deiner Zielgruppe total gut gefällt, wirst du scheitern.
Du hast richtig gelesen. Wer versucht, seiner Zielgruppe die Wünsche von den Augen abzulesen und diese dann zu verwirklichen, verheddert sich. Es gibt – vor allem bei einem Langzeitprojekt wie einem Buch – eine essenzielle Regel: Es muss DIR Spaß machen, es muss DEIN Projekt sein. Fehlt dein Herz und dein Schweiß, wird es niemand mögen.
Deshalb ist der erste, lange Schritt die Entwicklung des eigenen Stils. Doch dann folgt der Zweite. Und der ist Feedback von außen. Gib freundlichen Menschen einen für dich gut gelungenen Text und bitte sie um Feedback. Das ist gar nicht so einfach – jedenfalls für mich. Aber es ist absolut notwendig. Denn wir alle gewöhnen uns an unseren eigenen Stil – und sehen manchmal gar nicht mehr, wie wir in die Augen der Leser:innen wirken. Vielleicht nerven wir damit auch nur. Ich musste zum Beispiel darauf hingewiesen werden, dass ich zu viele Doppelpunkte und Gedankenstriche und zu viele Aufzählungen in meine Texte schreibe. Von schlichten Fehlern und komplizierten Gedanken ganz abgesehen. Nun kann ich darauf achten – und hoffe, jetzt passt das halbwegs.
Fazit
Es geht also nicht darum, einen neuen Schreibstil zu entwickeln, der die Welt verändert. Es geht auch nicht darum, eine bestimmte „Richtigkeit“ zu erreichen. Es geht darum, deiner Stimme ein Sprachrohr zu geben, das sie verständlich und – vielleicht auch – unterscheidbar macht.
Dafür gibt es viele Techniken. Der Schlüssel besteht aber darin, sich Zeit zu nehmen, um zu üben, zu reflektieren und zu schreiben. Dazu müssen wir die eigenen Fähigkeiten verstehen und verschiedene Werkzeuge und Techniken anwenden, um sie zu verbessern.
Spätestens dann ist die Zeit reif für dein Meisterwerk!
Ich bin Paul Jonas, Autor des Buches „Schreib. Dein. Buch“ und unübersehbar ein Pseudonym. Hier darf ich über meinen Job, das Schreiben und die Kreativität schreiben. Hier findest du mehr über mich.
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